Inside Nø Cosmetics: Caroline R. Krolls Weg zur Retail-Powerbrand

 

Caroline R. Kroll, Co-Founderin und CEO von Nø Cosmetics

 

Wenn man Caro zuhört, versteht man schnell: Hinter nø cosmetics steckt nicht nur eine starke Marke im Drogerieregal, sondern eine sehr klare Haltung zu Gründung, Familie und Wachstum ohne Fremdkapital. Im Businettes Live-Interview hat sie offen erzählt, wie sie mit 22 gemeinsam mit ihrem Vater gestartet ist, warum sie bewusst Retail-first gegangen sind – und wie sie es geschafft haben, ohne Investor:innen eine Wirkstoffmarke in DM, Rossmann & Co. aufzubauen.

Hier sind die wertvollsten Learnings für Gründerinnen aus der Session:

1. Retail first: Wirkstoffkosmetik für alle zugänglich machen

Caro wollte eine Marke bauen, die dort stattfindet, wo sie selbst früher eingekauft hat: in der Drogerie. Anstatt mit einem typischen D2C-Shop zu starten, ist Nø Cosmetics direkt brick-and-mortar gegangen – zuerst exklusiv bei DM, inzwischen in der gesamten DACH-Region bei DM, Rossmann, Müller und Budni. Ziel: Wirkstoffkosmetik, die wirklich etwas an der Haut verändert, aber ohne komplizierte Erklärungen im Regal funktioniert und bezahlbar bleibt.

👉 Learning für Gründerinnen: Überleg dir bewusst deinen ersten Vertriebsweg. Nicht immer ist der eigene Onlineshop der beste Start – manchmal bringt dir der stationäre Handel viel schnellere Reichweite und Sichtbarkeit in deiner Zielgruppe.

2. Bootstrapping durch Joint Venture – ohne Investor:innen in die Regale

Statt klassisch Geld zu raisen, hat Caro mit ihrem Vater ein Joint Venture mit einem bestehenden Produktionsunternehmen aufgebaut. Die Produktion konnte Maschinen, Labor und Team stellen, nø cosmetics übernahm Produktidee, Brand, Sales und Marketing. So ließ sich die Vorfinanzierung der Ware für Drogerien abfedern – ein großer Hebel, denn im Handel entsteht schnell eine Cashflow-Lücke zwischen Produktion, Listung und Bezahlung.

👉 Für Gründerinnen heißt das: Wenn du investor:innenfrei bleiben willst, such dir smarte Strukturen: Joint Ventures, Produktionspartner oder Warenfinanzierer:innen können helfen, Kapitalbedarf im Handel zu überbrücken, ohne direkt Anteile abzugeben.

3. Familienunternehmen als Superpower – wenn Rollen klar sind

Nø Cosmetics ist ein echtes Familienbusiness: Caro gründet mit ihrem Vater, ihre Schwester verantwortet das komplette Creative, ihre Mutter leitet den Onlineshop. Dazu kommt als Partner ein weiteres Familienunternehmen in zweiter Generation. Was nach Konfliktpotenzial klingt, funktioniert, weil Vertrauen und Rollenverteilung klar sind: gegenseitiger Respekt, echte Augenhöhe – und gleichzeitig professionelle Strukturen, in denen alle wissen, in welcher Rolle sie sprechen.

👉 Tipp für Gründerinnen: Familie im Unternehmen kann ein riesiger Vorteil sein – wenn Verantwortung, Entscheidungswege und Erwartungen klar sind. „Frage als Chefin oder Frage als Schwester?“ ist ein guter Reality-Check für jede Familienkonstellation.

4. Brandbuilding ohne riesiges Marketingbudget: Community first

Am Anfang kannte niemand Nø Cosmetics. Statt große Budgets auszugeben, hat Caro Social Media selbst aufgebaut: Kund:innen angeschrieben, auf #dmhaul-Posts reagiert, jede Chance genutzt, um ins Gespräch zu kommen. Heute steht eine Community mit hoher Bindung dahinter, die über Instagram, TikTok & Co. mitgestaltet – vom Adventskalender-Design bis zu neuen Produkten.

Caro arbeitet mit klaren Content-Säulen: entertain, educate, inspirieren und verkaufen. TikTok-Trends setzt ein eigenes Team um, auf Instagram werden echte Insights geteilt, und Feedback aus Umfragen fließt direkt in Produktentscheidungen.

👉 Learning: Eine starke Marke entsteht nicht über Nacht. Frag dich: Warum sollte jemand deinem Account folgen und bleiben? Wenn du konsequent Mehrwert lieferst – statt nur „Kauf mich!“-Content – wächst eine Community, die langfristig kauft und weiterempfiehlt.

5. Personal Brand als Verstärker – aber kein Muss

Mit „Behind Nø Cosmetics“ hat Caro eine eigene Personal Brand aufgebaut, weil ihr der direkte Kontakt zur Community gefehlt hat. Dort zeigt sie, wie das Gründerinnenleben wirklich aussieht: Entscheidungen, Termine bei Drogerie-Headquarters, Launches – aber auch klare Kante gegen toxische Selbstoptimierung und Dauer-Hustle.

Gleichzeitig betont sie: Niemand muss als Gründerin eine Personal Brand aufbauen. Es kostet Zeit, Energie und passiert oft nach Feierabend. Eine Alternative: ein festes Gesicht aus dem Team, das die Marke nach außen repräsentiert – statt ständig wechselnden Praktikant:innen.

👉 Für Gründerinnen: Personal Branding ist ein Werkzeug, kein Pflichtprogramm. Wenn es dir liegt, kann es deine Marke enorm stärken. Wenn nicht, such dir Menschen im Team, die gerne sichtbar sind – und bau lieber nachhaltige Strukturen als Druck auf deiner eigenen Person.

6. Flagship-Stores als Erlebnis- und Testfläche

Die Stores in Berlin und Köln waren ursprünglich als „Marketinginstrument“ gedacht – und sind heute wichtige Touchpoints mit der Community. Kund:innen können die komplette Range testen, sich beraten lassen und Events erleben. Produkte, die im Handel ausgelistet werden, können dort weiterleben, wenn sie ihre treuen Fans gefunden haben.

Finanziell tragen sich die Läden, sind aber vor allem Marken-Bühne statt Cashcow: Beratung, Launch-Events, besondere Aktionen (z.B. Nail-Design, Blumen, Specials) – und ein Ort, an dem das Team nah an den Kund:innen bleibt. Jede:r im Team macht regelmäßig eine Store-Schicht, um genau zu spüren, für wen man eigentlich Content, Kampagnen oder Produkte baut.

👉 Learning: Physical Retail muss nicht nur Umsatzbringer sein – er kann Community- und Markenraum sein. Wenn du in eigene Flächen investierst, plan sie als Erlebnis- und Feedback-Ort mit ein, nicht nur als „weiteres Regal“.

7. Starke Partnerschaften mit Drogerien: Exklusivität, Pricing & Eigenmarken

Caro betont, wie wichtig die enge, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit DM, Rossmann & Co. ist – alle selbst Familienunternehmen, die langfristig denken. Exklusivitäten oder Pre-Launches können helfen, eine Marke stärker zu pushen und Sichtbarkeit in Regalen oder auf Innovationsflächen („Innovationsfeld“, „Gondelkopf“) zu bekommen.

Beim Pricing gibt nø cosmetics eine transparente Kalkulation ab – die Drogerien bringen dann ihre Markterfahrung ein. So wurde etwa der „Liquid Hydrator“ günstiger positioniert als ursprünglich geplant, um unter 10 € die Hemmschwelle zu senken. Gleichzeitig bleibt die Qualität auf Parfümerie-Niveau.

Auch Eigenmarken sieht Caro nicht als Feind: Sie bieten eine Alternative für Menschen mit kleinerem Budget und sprechen teils andere Zielgruppen an. Umsatzbrüche hat sie dadurch nicht erlebt – eher Ergänzungseffekte im Regal.

👉 Tipp für Gründerinnen mit Handelsplänen: Bau echte Partnerschaften auf. Exklusivität, offene Kalkulation und gemeinsame Preisfindung können die Grundlage sein, um langfristig im Regal zu bleiben – und nicht nach einer Saison zu verschwinden.

8. Realistische Founder-Story statt „Ich hab meine Akne geheilt“

Caro grenzt sich bewusst von reißerischen Gründungsnarrativen ab. Sie ist keine Ärztin oder Pharmazeutin – dafür gibt es die Expert:innen im Labor. Ihre Stärke: Sie kennt ihre Kundin, weiß, was ihr in der Drogerie gefehlt hat, testet selbst, hört zu und entwickelt gemeinsam mit der Laborleitung Produkte, die in der Zielgruppe funktionieren.

Gleichzeitig macht sie klar: Kosmetik darf keine Heilversprechen machen. Akne ist eine Krankheit – und kein Marketing-Plot. Authentizität heißt für sie auch, Grenzen zu ziehen: bei Gesundheitsversprechen, aber auch beim eigenen Energielevel im Gründerinnenalltag.

👉 Learning: Du musst nicht „die perfekte Expertin“ mit passendem Studiengang sein, um ein starkes Produkt zu bauen. Wichtig ist, dass du deine Zielgruppe wirklich verstehst, mit Profis zusammenarbeitest – und ehrlich bleibst, was dein Produkt kann und was nicht.

Caro und Nø Cosmetics zeigen: Eine Drogeriemarke lässt sich auch ohne Investoren, ohne Glamour-Exit-Story und ohne perfekte Founder-Fassade aufbauen – mit klarer Strategie, starken Partnerschaften, einer sehr nahen Community und dem Mut, Dinge anders zu machen als der Standard im Beauty-Markt.

 

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Claire Siegert